Die Person

Mit dem Blick zurück auf einige Jahrzehnte Lebenserfahrung lässt sich leicht darüber philosophieren, dass sich die private und berufliche Entwicklung aus einem Mix von Chancen (und zwar denjenigen, die man verstanden hat zu nutzen, aber auch denen, die man nutzlos an sich vorüberziehen ließ), Glück und dem Lernen aus Fehlern ergeben hat.

 

Ich bin Professor Dr.-Ing. Jürgen Erbach, geboren 1961.

Die eigenen Talente zu identifizieren, ist kein einfaches Unterfangen und geschieht nach meiner Erfahrung im Versuch und Irrtum und der ständigen Nachjustierung.

 Ein eher unspezifisches Abitur (Leistungskurse in Deutsch und Biologie, Erdkunde und Religion als drittes und viertes Abiturfach; auf jeden Fall aber ohne Mathematik und Physik) lassen die Aufnahme eines Bauingenieurstudiums an der Rhein-Westfälisch Technischen Hochschule (RWTH) in Aachen eher als ein Selbstmordkommando erscheinen.

Die Tatsache, dass ich mein Vordiplom überhaupt bestanden habe, lässt jedoch eine bestimmte Zähigkeit (die von Geschäftspartnern später übrigens immer wieder mit Terriereigenschaften verglichen wurde) und ein Talent, sich in unterschiedliche Themenfelder und Disziplinen einarbeiten zu können, erahnen. Nach intensiverer Auseinandersetzung mit dynamischen Problemen, bestand ich jedenfalls mein Vordiplom in einem noch vertretbaren Zeitrahmen.

Nach zwei Jahren Amtszeit als Schatzmeister des Ring Christlich Demokratischer Studenten (RCDS) wurde es langsam Zeit, mich wieder meinem Studium zu widmen. Doch nach dem Amt lebte ich eintönig in den Tag hinein. Ich ließ mir Zeit und dann, eines Tages, von einer Minute auf die andere, hatte ich dazu keine Lust mehr und begann wieder ernsthaft zu studieren und beschäftigte mich statt mit Kilo-Mark wieder mit Kilonewton.

Zum erfolgreichen Studieren gehörte aber auch, dass man von den Erfahrungen höherer Semester profitierte. Also zog ich wieder nach Aachen, um näher am Geschehen zu sein. Fernab vom väterlichen Zugriff nutzte ich die Gelegenheit, mehr über mich selbst zu erfahren. Was hatte das Angezogen werden von einem bestimmten Typ Mann zu sagen? – Um es kurz zu machen: Ich wurde mir bewusst, dass ich schwul bin und schon meine dritte Männerbeziehung führte mich in die Arme meines Mannes, mit dem ich nunmehr seit 1988 zusammen bin.

 Ende 1988 beendete ich auch mein Bauingenieurstudium erfolgreich an der RWTH. Ich nutzte eine Chance, die sich mir bot und wurde Immobilienprojektentwickler der Bavaria, die damals überschaubare Projekte im Einzelhandel (Lidl – Bäcker – Metzger) entwickelte. Weiteres hierzu finden Sie hier.

 Neugierig nutze ich 2001 eine Offerte für die Professur Projektentwicklung an der Hochschule für angewandte Wissenschaft und Kunst (HAWK) am Standort Holzminden für meine erneute Neuausrichtung.

Als ich dann zum Professor berufen wurde, konnte ich mich mit der Souveränität des Professorenstatus auf ausgewählte Projekte konzentrieren, hatte aber auch die Freiheit, mich der Wetzlarer Stadtentwicklung und dem ambitionierten Bürgerprojekt Optikparcours, einem interaktiven Erlebnispfad mit Installationen im öffentlichen Raum, der die Kompetenz der ansässigen Industrie in Optik und Feinmechanik veranschaulicht, zu widmen. Ich hatte auch mehr Zeit, meine kreative Ader auszuleben und es entstanden die Fotoprojekte Müllpoesie, Der Drahtmann unterwegs in... oder Untaten an Unorten – Annäherung an das Unfassbare.

Aber nicht nur das Berufliche hat mich in meiner bisherigen Laufbahn die Schlagzeilen gebracht. Am 15.08.2008, 20 Jahre nachdem wir zusammengefunden haben, haben mein Mann und ich unsere Partnerschaft eintragen lassen und um den Segen der evangelischen sowie der katholischen Kirche gebeten. Der damalige Bischof von Limburg, Tebartz von Eltz, entließ daraufhin den Wetzlarer Pfarrer Peter Kollas als Bezirksdekan und führte damit ein europaweites Medienecho herbei.

Als Geschenk von unseren Gästen erbaten wir uns damals Geldspenden als Fundament für das Dunkelkaufhaus, unserem Beitrag zur Ergänzung des Wetzlarer Optikparcours. Im Dunkelkaufhaus werden Menschen im absolut Dunklen von Blinden geführt, so dass jeder Besucher auf seine ganz eigene Art und Weise seine Sinne neu entdecken kann.

Ein gesundheitlicher Rückschlag im Jahr 2011 eröffnete mir wieder einen anderen Blick auf das Leben. Das Erkunden der Welt mit dem Schiff und so neue Perspektiven auf andere Länder und andere Kulturen zu gewinnen, spielt fortan eine wichtige Rolle in meinem Dasein.

Ich möchte mich Ihnen nun auf den folgenden Seiten näher vorstellen und Ihnen meine Tätigkeiten aufzeigen.

 

Geerdet im christlichen Glauben, ausgestattet mit einem nicht immer gesunden Misstrauen, nicht jedem und allem gedankenlos zu vertrauen, stelle ich mich der Herausforderung, meine Umgebung und mich weiterzuentwickeln.